Bitte nehmen Sie den Hund endlich weg!


Tiffi und ich laufen nach der Arbeit nach Hause. Tiffi ist für ihre Verhältnisse sehr vergnügt, freut sich endlich Feierabend zu haben und vermutlich auf ihr Abendessen. Wir laufen auf dem linken Gehsteig, da Tiffi die etwas nervige Angewohnheit hat nur auf der linken Seite zu laufen und ich so zwischen ihr und der Hauptstraße bin. Es ist ein sonniger Abend und in den Cafés und auf der Straße ist viel Betrieb. Ich sehe eine Frau mit einem etwas kleineren Hund an einem Schaufenster stehen. Sie sieht mich mit Tiffi näher kommen und nimmt die Leine kurz. Erfreut gehe ich weiter. Der Gehsteig ist zwar relativ breit, aber wie schon gesagt sind viele Passanten unterwegs. Ich gehe in normalem Tempo weiter. Tiffi ordnet sich automatisch hinter mir ein, um möglichst viel Abstand zum anderen Hund zu gewinnen und mich als Schutzschild zu benutzen. Als wir die Frau fast erreicht haben höre ich: „Ist das ein Mädl?“ Automatisch nicke ich. Die Alarmglocken in meinem Kopf setzen einen Sekundenbruchteil zu spät ein. Die Leine des anderen Hundes lockert sich bereits, wärend der Satz: „Das ist ein Rüde!“ begleitet von einem wissenden Nicken gesprochen wird. Mein: “ Sie hat aber Angst!“ kommt viel zu spät. Tiffi ist bereits mit eingekniffenem Schwanz an mir vorbei, hat sich umgedreht um den anderen Hund im Auge zu behalten und läuft rückwärts. Der Teufel will es, dass in diesem Augenblick ein Inlineskater aus der Einfahrt hinter ihr herauskommt. Mit einigen geschickten Drehungen und Tanzschritten (was für andere Menschen vermutlich imens dämlich aussieht) lotse ich meine panische Hündin durch die Passanten, ohne dabei komplett in der Leine eingewickelt zu werden, bis zu einer Stelle an der gerade niemand steht. Wärend ich tröstend Tiffis Ohr kraule, bis sie sich wieder etwas beruhigt hat ruft die Frau mir hinterher: „Die hat wohl schlechte Erfahrungen gemacht.“ Ich nicke nur knapp und gehe weiter.
Weil Tiffi sich schnell beruhigt und weil es ein so schöner Tag ist, den ich gänzlich in der Arbeit verbracht habe, beschließe ich mir eine Kugel Eis zu gönnen. Tiffi und ich laufen direkt am Fenster der Eisdiele vorbei und dort ist gerade nichts los. Wärend ich versuche mich für eine Sorte zu entscheiden und der Verkäufer mich erwartungsvoll anschaut höre ich: „Moi, die hat wohl Angst.“ Im gleichen Augenblick sehe ich, aus dem Augenwinkel, dass Tiffi mit eingezwicktem Schwanz ihre Position links von mir verlässt und versucht zwischen meine Beine und das Gebäude zu flüchten. Das ist ausgesprochen untypisch. Ein kurzer Rundumblick zeigt mir einen unangeleinten Hund, der schwanzwedelnd versucht an Tiffis Hinterteil zu gelangen. Die Besitzerin steht daneben, lächelt milde und sagt sanft: „Luke, lass doch. Die hat doch Angst.“ Nach einigen Drehungen meinerseits, um bei Tiffis Ausweichmanövern nicht gefesselt zu werden, geht die Frau weiter und Luke folgt. Ich versuche den Drehwurm loszuwerden, den Eisverkäufer zu fokussieren und endlich mein Eis zu bestellen. Doch schon sehe ich, dass Luke umgedreht hat und wieder auf Tiffi zuläuft. Und da entfährt es mir. Ein leicht genervtes: „Bitte nehmen Sie den Hund endlich weg!“ Hätte ich nach Luke getreten, der Blick hätte nicht entsetzter sein können. Vielleicht, weil Luke doch nur spielen will, vielleicht auch, weil Frauchen gar keine Leine dabei hat (zumindest sehe ich keine). Warum auch immer. Meine Reaktion scheint für die Dame nicht im geringsten verständlich zu sein.

Solche und ähnliche Szenen erleben wir fast täglich und fast täglich frage ich mich warum es einigen Hundehaltern so schwer fällt, die Wünsche anderen Hundehalter zu akzeptieren oder wenigstens nachzufragen ob es okay ist, wenn sie ihren Hund zu meinem lassen.

Ein Kommentar zu “Bitte nehmen Sie den Hund endlich weg!

  1. Ich habe sehr großes Glück, dass Socke nicht so ein ängstlicher Hund ist. Wenn sie keinen Kontakt wünscht, dann zeigt sie das deutlich. Ich brauche sie nur ganz selten vor anderen Hunden abschirmen.
    Aber auch mir ist es – vor gar nicht langer Zeit – passiert, dass ich genau Deine Worte gesagt habe. Wir haben seit etwa einem guten Jahr einen weißen Akita bei uns in der Siedlung wohnen, ein wirkliches Prachttier. Bis jetzt haben wir ihn nur von weitem gesehen. Nun trafen wir die Halterin mit ihrem Hund. Socke war interessiert und der Rüde auch. Ich fragte, ob es mit einem Kontakt Probleme geben würde, Sie verneinte und ich ließ Socke zu ihm hingehen. Leider erwies sich dies als falsch, weil der Hund so aufdreht und Socke besprang. Es mag sein, dass er dies das erste Mal tat, aber ich merkte, dass Socke sich bedrängt fühlte und die Halterin, ihren Hund von Socke zu nehmen. Socke war nicht an der Leine und ich traute mich nicht dazwischen, den der Rüde wurde immer wilder. Ich bat die Dame, die ihren Hund ja an einer Leine hatte, ihren Hund zu sich zu holen. Blöd, dass er weder auf sie hörte noch kräftemäßig in der Lage war den wild umherspringenden Hund zu sich zu bringen. Ich bat immer wieder, bitte nehmen sie den Hund von Socke weg. Sie versuchte es wirklich. Irgendwann konnte sich Socke dem Spiel entziehen und rannte mit herabhängender Rute zu mir. Was für ein blödes Erlebnis. Das bringt mich dazu, mir gut zu überlegen, ob ich den Kontakt mit einem Hund wirklich möchte.
    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

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