Impulskontrolle…

Liebe Blogleserinnen und Blogleser,

ich bin ein eher ungeduldiger Mensch. Mit mir selber bin ich sowieso immer ungeduldig und mit Anderen eben auch.

Für meine Arbeit als Sozialpädagogin und Mediatorin in Strafsachen musste ich lernen wenigstens mit anderen Menschen Geduld zu haben. Trotzdem neige ich zum Beispiel dazu Anträge für meine Klienten auszufüllen und ihnen währenddessen zu erklären was ich mache, weil es mich irre macht, wenn Jemand schon gefühlte 5 Minuten braucht um die Kästchen mit den persönlichen Daten auszufüllen.

Auch meine Mitarbeiterinnen würde ich manchmal gerne umhauen, wenn sie mich rufen, weil das Internet nicht funktioniert und ich einfach nur das Lan-Kabel wieder richtig einstecke, dass sich beim Staubsaugen gelockert hat. Aber zum einen darf man als Chef keine Mitarbeiter schlagen (habe ich gehört) und zum Anderen machen sie es ja nicht absichtlich (hoffe ich zu mindestens).

Und natürlich bin ich auch mit Tiffy manchmal ungeduldig. Herrgott nochmal, wir sind schon 100000 Mal an LKWs mit laufendem Motor vorbeigelaufen ohne das die explodiert sind! Trotzdem ist es jedes Mal ein großes Drama. Und ja, ich gebe es zu: Manchmal würde ich sie gerne schütteln und anschreien oder in Tränen ausbrechen, wenn wir wieder und wieder einen Kampf austragen, den wir schon so verdammt oft ausgetragen haben (wir miteinander gegen die Angstauslöser der Welt; nicht Tiffy und ich gegeneinander). Aber ich tue es nicht. Sie macht das ja nicht um mich zu ärgern und außerdem wäre das für unser Ziel sowieso total kontraproduktiv.

Am schlimmsten ist es natürlich, wenn ich das Gefühl habe, dass sie mich ärgern will und absichtlich ungehorsam ist. Heute gingen wir zum Beispiel wie jeden Mittwoch mit Shep spazieren. Tiffy darf die Sackgasse hoch zum Feld inzwischen eigentlich ohne Leine laufen, weil sie normalerweise immer brav hinter Shep hertrottet und sich auf Handzeichen am Rand hinsetzt, wenn ein Auto vorbeifährt… nur heute halt nicht. Heute fuhren zwei Autos an uns vorbei und Tiffy trödelte gemütlich auf der Straße herum, blieb vor dem einen Auto stehen um mich fragend anzugucken, während ich sie hektisch aufforderte beiseite zu gehen und zugleich Shep festhielt. Ich sage es euch ganz ehrlich. Am liebsten hätte ich sie am Geschirr gepackt, auf Gesichtshöhe hochgezerrt und sie angebrüllt was zur Hölle eigentlich in sie gefahren ist. Habe ich aber natürlich nicht gemacht. Ich habe sie zu mir gerufen, sie gelobt, weil sie gekommen ist und habe sie an die Leine genommen.

Später im Wald trafen wir einen Mann mit einer hübschen Jagdhündin. Ich hatte gerade Sheps Hinterlassenschaften eingetütet und die Hündin deshalb erst bemerkt als der Mann nach ihr rief. Ich ging etwas beiseite, lotste Tiffy hinter Shep und nahm den Krawallbären kurz. Die Hündin ignorierte den Ruf ihres Besitzers und kam neugierig auf uns zu. Shep regte sich furchtbar auf, stand halb auf den Hinterbeinen, stemmte sich in die Leine und bellte wie ein Verrückter. Die Hündin umkreiste uns und ignorierte nach wie vor ihr Herrchen. Dieser rief zunehmend zorniger nach ihr, vor allem nachdem er nach ihr griff, sie ihm auswich und sich uns von der anderen Seite näherte.

Dann erreichte er die Hündin, packte sie am Halspelz, wobei er auch ihr Schlappohr erwischte, zerrte sie mit sich, warf sie vor sich auf den Weg und brüllte sie dabei an. Ich rief: „Bitte hören Sie auf! Sie tun ihr doch weh! Es ist doch nichts passiert! Bitte nicht!“ Mehr war mir leider in dem Moment nicht möglich, weil Tiffy sich hinter mir versteckte und Shep sich nun natürlich noch mehr aufregte.

Der Mann ignorierte mich, forderte ein Sitz und ein Platz von ihr ein, leinte sie an und trollte sich schimpfend den Weg entlang. Ich beruhigte beide Hunde und trottete mit ihnen nach Hause, während ich beiden erklärte, wie brav und schön sie sind, mehr um mich selbst zu beruhigen als sie.

Warum aber schreibe ich das Alles? Nun, weil ich den Impuls des Mannes verstehen kann. Ich glaube nicht, dass er ein schlechter Mensch ist, oder das er seine Hündin nicht gern hat. Um das einschätzen zu können müsste ich ihn auch besser kennen. Nur hat er hier definitiv die Grenze überschritten, die wir nicht überschreiten sollten.

Immer wieder, wenn ich mit Hundebesitzern oder auch beruflich mit Eltern spreche, sage ich folgenden Satz: „Vergiss nicht, dass er/sie das nicht tut um dich zu ärgern!“ Die Hündin wollte nicht ungehorsam sein. Sie war nur neugierig und die Befriedigung der Neugier war ihr in den Moment wichtiger.

Wenn Tiffy auf der Straße rumtrödelt, dann nicht, weil sie mich und die Autofahrer in den Wahnsinn treiben möchte, sondern weil sie vielleicht gerade vergessen hat, dass wir das nicht machen oder weil sie etwas gerochen hat, dass sie ablenkt oder aus welchen Gründen auch immer. Wenn ich Tiffy packe und schüttle, dann lernt sie nicht, dass Autos gefährlich sind, sondern das ich eine absolut unberechenbare Gefahr darstelle. Ausserdem fühle ich mich danach sicher nicht besser, sondern wie der letzte Abschaum. Und ich kann nur hoffen, dass der Mann sich heute auch echt schlecht gefühlt hat danach und das er sowas nicht mehr macht.

Wie ist das denn bei euch? Wollt ihr euren Vierbeinern auch manchmal an den Kragen?

Viele Grüße,

Karen und Tiffy

2 Kommentare zu “Impulskontrolle…

  1. Hallo Karen und Tiffy,
    mich treibt Greta zum Teil auch zur Verzweiflung, weil sie bestimmte Dinge absolut nicht versteht und wir manche Dinge tausendmal üben müssen 🙁
    Allerdings hat sie bei vielen Dingen unglaublich viel gelernt, was andere Hunde mit ihrem Hintergrund nicht so gut können 🙂
    Und sie macht es definitiv nicht um mich zu ärgern, ihre Impulse nehmen dann überhand…
    Liebe Grüße von Tuffi und Greta

  2. Ihr Lieben,

    ich glaube, jeder meiner Hunde hat mich schon so zur Weißglut gebracht, dass ich Ihn hinter den Mond hätte schießen können – aber getan habe ich es nie. Wobei auch ich schon mal einen unserer Hunde ähnlich massiv geschnappt und angegangen habe … allerdings ist er wirklich in ein (zum Glück) langsam fahrendes Auto gelaufen und meine Reaktion war weniger aus Wut sondern aus reiner Angst.
    Nach fast 30 Jahren mit den unterschiedlichsten Hunden komme auch ich immer wieder in Situationen, die wir so noch nicht hatten und die mir auch immer wieder zeigen, dass unsere Hunde sehr eigene Wesen sind … bei Shadow reicht ein leichter Geruch in der Nase und die Ohren werden auf Durchzug gestellt. Bei Cara reicht es, dass sie glaubt, sie hätte einen Hasen gesehen 😉 Nichts davon ist Absicht … es sind ihre Instinkte und ihr Wesen.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Cara und Shadow

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